Warum fällt es leichter, große Summen für ein Auto auszugeben als für ein zeitgenössisches Kunstwerk?

Warum fällt es leichter, große Summen für ein Auto auszugeben als für ein zeitgenössisches Kunstwerk? – Gedanken einer Galeristin…

Es gibt ein interessantes, fast schon widersprüchliches Phänomen, das wir täglich in unserer Galerie beobachten. Viele Menschen sind schockiert über die Preisschilder zeitgenössischer Kunstwerke – obwohl genau diese Menschen bedenkenlos große Summen für ein neues Auto, ein Designerstück oder eine Luxusuhr ausgeben.

Aber warum ist das so? Warum fällt es so schwer, Kunst in ihrem wahren Wert zu erkennen?

Der „verständliche“ Luxus vs. die „unfassbare“ Kunst

Ein Auto ist nützlich: Es bringt uns von A nach B, ist auffällig, ein Statussymbol – und wenn es genug Prestige hat, weiß auch der Nachbar, wie viel es gekostet hat. Eine Rolex ebenso: Sie ist präzise, glänzt und strahlt Ansehen aus. Kunst hingegen ist anders. Man kann sie nicht ums Handgelenk legen, sie bringt uns nirgendwohin – zumindest nicht physisch. Aber sie kann uns woanders hinführen: gedanklich, emotional, perspektivisch.

Der „Nutzen“ von Kunst ist nicht greifbar – und genau das ist es, was viele nicht verstehen oder sich nicht trauen zu schätzen. Zeitgenössische Kunst ist besonders herausfordernd – denn ihr fehlt die jahrhundertealte „Garantie“, die ein Van Gogh oder Monet mitbringt.

Die Frage des Prestiges

So seltsam es klingt: Eine Luxusuhr oder ein Sportwagen bringt oft mehr gesellschaftliche Anerkennung als eine herausragende Sammlung zeitgenössischer Kunst. Viele Menschen trauen sich nicht, die Ersten zu sein – sie wollen sich nicht „irren“ bei einem jungen Künstler, vertrauen nicht auf ihr eigenes Auge. Doch genau diese persönliche Verbindung zum Kunstwerk ist es, die es wirklich wertvoll macht.

Der vom Menschen geschaffene Wert

Zeitgenössische Kunst entsteht nicht am Fließband. Es gibt keine Massenproduktion, kein Werk gleicht dem anderen. Der Künstler steckt Monate, manchmal Jahre hinein – nicht nur Zeit, sondern auch Gedanken, Fragen, Gefühle. Auf der Leinwand ist alles zu sehen: seine Hand, seine Persönlichkeit, seine Zeit. Dinge, die sich nicht reproduzieren lassen, die man nicht in „einer anderen Farbe“ bestellen kann.Der Wert eines zeitgenössischen Kunstwerks liegt nicht (nur) im Material, sondern in der menschlichen Präsenz, die es vermittelt.

Kunstwerk als Beziehung, nicht als Status

Viele sind im Umgang mit Kunst vorsichtig, weil sie glauben, sich nicht „auszukennen“. Doch ein Bild muss nicht interpretiert werden – es reicht, wenn es berührt. Kunst ist kein Fragebogen, den man ausfüllen muss, sondern ein Spiegel. Manchmal tröstet sie. Manchmal verunsichert sie. Manchmal ist sie einfach nur da – und begleitet uns still über Jahre.

Ein Gemälde wird nicht durch ein neueres Modell ersetzt. Es veraltet nicht. Es wird immer vertrauter – und die Verbindung zu ihm immer tiefer. Das ist eine Art von Wert, die kein technisches Gerät je zurückgeben kann.

Kein Luxus, sondern ein menschliches Bedürfnis

Es ist ein Irrtum zu glauben, dass nur sehr reiche Menschen Kunst kaufen können. Viele zeitgenössische Werke kosten nicht mehr als ein Premium-Smartphone oder eine Reise ins Ausland. Der Unterschied ist nur: Das eine haben wir uns angewöhnt, das andere trauen wir uns noch nicht.

Dabei ist es ein viel persönlicheres, tieferes Erlebnis, Eigentümer eines Kunstwerks zu werden, als eines Gegenstands, den am nächsten Tag jeder kennt. Kunst zu erleben – sei es durch Kauf oder einfach durch Aufmerksamkeit – ist ein menschliches Bedürfnis. Der Wunsch, mit etwas Größerem und Schönem in Verbindung zu treten. Mit etwas, das nicht nur nützt, sondern wirkt.

Der Kauf von Kunst geht nicht (nur) ums Geld, sondern um Werte. Darum, was uns wichtig ist, womit wir uns umgeben – und worin wir unsere Energie, unsere Aufmerksamkeit – und ja, auch unser Geld – investieren.

Die Galerie als Brücke

Als Galerie sind wir nicht nur „Händler“, sondern auch Dolmetscher. Wir helfen dabei, dass die Beziehung zur Kunst nicht fremd, beängstigend oder elitär bleibt. Dass immer mehr Menschen den Mut haben zu sagen: „Dieses Bild berührt etwas in mir – und ich möchte es in meinem Zuhause wissen.“

Kunst ist kein Luxus – sondern eine Möglichkeit. Eine Investition, aber nicht nur im finanziellen Sinn. Eine Investition in unsere Persönlichkeit, unsere Umgebung, unsere Authentizität.

AN ARTWORK BY FRITZ GRUBHOFER 

 

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